
Dafür gibt es aber auch das volle Programm - den berühmten Sonnenuntergang, den speziellen open-air-Charme, dazu ein eigentlich hochklassiges Ensemble. Und Tosca, dieser dreckig-opulente Opernkrimi, paßt in das Ambiente.
Ich hatte spontan am Vortag noch eine Karte in der Proletenkategorie ganz unten rechts ergattert. Akustik und insbesondere Beleuchtung waren teilweise verheerend: so blendeten die Scheinwerfer und die Soloklarinette hatte ein unangenehmes Echo. Auf den billigen Plätzen versagt auch die Surround-Akustik, sodaß alles ziemlich irritierend ohne Raumklang nach Konserve von links klingt - und die könnte ich vor meiner Stereoanlage besser genießen. Immerhin bekam man die eindrucksvollen Bühneneingeweide hier aus nächster Nähe zu sehen, ebenso die Dirigenten-Videoübertragung für die Akteure.

Sänger

Cavaradossi (Sandoval): eine äußerst schöne Stimme, vom Lyrischen bis zum Heroischen, manchmal fast zu schön (Puccini ist doch schon kitschig genug). Die dreifache Fermate auf dem Vittoria-Brüller war allerdings bis ins Unerträgliche gezogen - wollte er einen Rekord brechen oder fand er den Weg vom hohen Ais nicht mehr herunter?
Scarpia (Sidhom): überzeugte mich nicht so sehr, für mich ist die Figur gerade im Zusammenspiel mit Tosca zynisch-schmieriger Pseudo-Galan und nicht einfach nur (auch stimmlich) brutal.
Zum Bühnenbild sage ich jetzt mal nichts, das hat Holly Cat ja schon kritisiert.

Einzig Spoletta trug stilsicher einen zeitlosen Trenchcoat, was in Anbetracht der Witterung auch nicht schlecht war - zum 3. Akt hin begann es leise zu nieseln. Während Scarpia sich nach Leibeskräften um ein spektakuläres Ableben bemühte, packte man im Publikum in aller Gemütsruhe die Regenjacken aus.
Tierisches Vergnügen: die Bleßhühner unter der Bühne kommentierten als griechischer Chor das Geschehen (Synkopen sollten sie aber noch mal üben), im 2. Akt leistete ihnen auch noch ein vernehmlicher Frosch auf Scarpias Stimmbändern Gesellschaft.
Auch der offene Spielort machte sich bemerkbar. Frittenduft verstärkte die Stadionstimmung, ab und zu zog ein Schiff vorbei. Bei "E lucevan le stelle" fuhr eine Ambulanz neben dem Festspielhaus vor. Man stellte fest, daß der blutverschmierte Mensch auf der Bühne doch noch ganz wacker brüllen konnte, und verzog sich wieder.

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