Gibt es das noch? Ein Konzert, das so gar keinen Grund für Negativ-Kritik bietet? Sind wir mittlerweile so arrogant geworden, dass uns diese Tatsache überrascht?
Am Donnerstag machten wir uns mit vierzehnjähriger Begleitung - ein Novum - einmal mehr auf in die Tonhalle Zürich. Es spielte das Kammerorchester unter Muhai Tang in einem seltsamerweise alles andere als ausverkauften Saal. Geht die gute Zürcher Goldküsten-Society nur ins Konzert, wenn das Tonhallen-Orchester oder jenes der Oper spielt?
Wie auch immer, wir nutzten die Gunst der Stunde. Das erste Stück - eine von Gustav Mahler für Orchester umgeschriebene Version von Beethovens Streichquartett in f-Moll op. 95 - bot mir lediglich Aussicht auf den mit Begeisterung spielenden ersten Cellisten und offenbarte doch schon das, was diesen Abend so besonders machen sollte - die unglaubliche Spielfreude dieses kleinen Orchesters, das die Vorteile einer Kammermusik-Formation mit denen eines ausgewachsenen Orchesters verbindet. In der Umbauphase vor dem zweiten Stück schmuggelten wir uns auf der Galerie links ein paar Reihen nach vorn - eine weise Entscheidung, wie sich bald zeigte. Auftritt der Solisten - der als russisches Supertalent hochgejubelte Pianist Nikolai Tokarev, der aber wesentlich sympathischer und vor allem auch glaubwürdiger wirkt als diverse (asiatische) Kollegen, und der Deutsch-Schweizer Trompeter Giuliano Sommerhalder, der die unglückliche Rolle einer "zweiten Geige" inne hatte. Gemeinsam spielten sie Shostakovichs Klavierkonzert Nr. 1 und das mit so viel Virtuosität und Spaß, dass wir absolut hingerissen waren - ganz anders als bei Konzerten etablierterer und vor allem älterer Pianisten, deren Routine häufig die Spielfreude zu beeinträchtigen scheint.
Tokarev ließ das Publikum nach einer - noch zu identifizierenden - Zugabe beinahe atemlos zurück, wir hätten ihm noch stundenlang lauschen können, wobei sich unsere jugendliche Begleitung in der Pause mit einem Autogramm auf ihrer CD tröstete - auch abseits der Bühne machten die Solisten einen äußerst allürenfreien Eindruck. Den Abschluss eines rundum gelungenen Abends bildete ein weiteres umgeschriebenes Beethoven-Quartett - jenes in cis-Moll, das uns mit diversen Ohrwürmern heimkehren ließ - und mit dem festen Willen, bald wieder ein Konzert des Kammerorchesters zu besuchen, dessen Dirigent uns mit seinem Charme und seinem Enthusiasmus völlig für sich einnahm.
Einziges Manko: die Tonhalle scheint noch immer ein größeres Problem mit ihrer Klimaanlage zu haben, die während der leisen Stellen des zweiten Beethoven unschön dröhnte.
Kann da mal jemand was dagegen tun, bitte?
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen