Dienstag, 10. November 2009
Mendelssohn - Mozart 1:0
Man sollte ja nicht meinen, es gäbe im tiefen Frankenland keine Kultur. Allerdings ist das Programm der Würzburger "Meisterkonzerte" ausgesprochen zahm, bei allzu verstörenden Werken könnten wohl auch dem Publikum die Hörgeräte herausfallen.
Gestern gab im Saal der Musikhochschule das allseits beliebte Freiburger Barockorchester mit Gottfried von der Golz als primus inter pares ein sehr statthaftes Konzert mit einer Gegenüberstellung eines jungen Mozart und eines außerordentlich jungen Mendelssohn.
Man begann mit einem Marsch (KV 248) von solchem Ausdruck und Gehalt, daß ich schon nach dem Schlußapplaus mich an keine einzige Note mehr erinnern konnte.
Immerhin war er kurz.
Es folgte das Violinkonzert d-moll des dreizehnjährigen Mendelssohn mit einem gut aufgelegten von der Golz. Mendelssohn kann je nach Interpreten entsetzlich langweilig sein. Nicht so mit den Freiburgern, die, wie es sich für ein gutes Barockorchester gehört, schlank, dynamisch und sehr geschlossen agierten und das Stück in jugendlichem Übermut in den Saal pfefferten.
Das Konzert hat nichts von der leicht kitschigen Süße des bekannteren e-moll-Konzerts. Typisch für den frühen Mendelssohn finden sich ausgedehnte Experimente mit der Formensprache früherer Epochen, ausufernde Solokadenzen und teilweise ein tragikomisches Pathos, als habe jemand dem kleinen Felix sein Schäufelchen geklaut.
Der folgende Mozart war auch durch das ausgezeichnete Kammerensemble nicht mehr zu retten - ein endloses sechssätziges Divertimento (KV 247), das offensichtlich Gebrauchs- und Hintergrundmusik war und im Konzertsaal nicht zu suchen hatte, und auch nicht durch Jugend zu entschuldigen war.
Man hatte ausgiebig Zeit, den frischrenovierten Saal zu beäugen, der hellhölzerne IKEA-Einheitsoptik ähnlich dem Konstanzer Audimax gewagt mit Deckenpanelen und Kristalleuchten aus den Fünfzigern kombinierte. Die Akustik war in den vorderen Reihen ausgezeichnet, leider auch die aus dem Auditorium: muß man sich eigentlich für knarzende Sitze und einen Boden entscheiden, der unter jeder Gummisohle entsetzlich quietscht?
Nach der nicht sonderlich erholsamen Pause im restlos überfüllten Foyer spielte man Mendelssohns Streichersymphonie Nr. 7: wieder frühromantisches Aufbrausen im Wechsel mit hübsch altmeisterlicher Polyphonie, stellenweise allerdings etwas unausgegoren. Trotzdem keine Entschuldigung für die Würzburger, im langsamen Satz wie ein ganzes Sanatorium zu husten und sich besorgt nach dem wechselseitigen Befinden zu erkundigen - das hätten sie allerhöchstens im Divertimento gedurft!
Das letzte Stück des Abends war dann eine doch recht gefällige und runde Mozartsymphonie (KV 129), die uns etwas versöhnte: Klein Felix wurde noch einmal vorgeführt, was eine richtige Mannheimer Walze ist.
Es gab freundlichen Applaus, einen nicht sehr kleidsamen Bocksbeutel für den Herrn Primarius und eine Ehrenrettung für Mozart in der Nachspielzeit: die letzten zwei Sätze aus der allseits beliebten A-Dur Symphonie KV 201, fröhlich beschwingt, und, da laut und deutlich als "ohne Wiederholung" (Finale) deklariert, auch ohne Mißverständnisse im Orchester.
Dienstag, 20. Oktober 2009
Rasant
War es Zufall, dass ich die kompletten Streichquartette von Felix Mendelssohn eingespielt vom Leipziger Streichquartett zum Geburtstag bekomme und das Ensemble knapp zwei Wochen später ins Inselhotel kommt - mit eben diesem Komponisten?
Die CD-Aufnahmen bestechen durch ihre rasant-dramatische Spielweise und so treten die vier relativ jungen Interpreten auch live auf.
Zu Beginn hören wir einen Webern aus dem Jahre 1905, welcher erstaunlich viel Tonalität aufweist. Nach dem langsam Finalsatz sollte jedoch Schluss mit der Ruhe sein. Es folgte das dramatischste, "unversöhnlichste" und düsterste Streichquartett Mendelssohns, was sicherlich größtenteils im Tod seiner Schwester begründet liegt. Es ist sein letztes und in der Tonart f-Moll (op. 80), in seinem und Fanny Hensels Todesjahr (1847), komponierte Streichquartett.
Der Komponist spart hier nicht mit Sätze, die mit Ausnahme des langsamen dritten (Adagio) mit überaus schnellen Bezeichnungen betitelt sind: Allegro vivace assai, Allegro assai und Allegro molto. Diese Angaben wurden vom Leipziger Streichquartett mehr als wörtlich genommen. Dem ersten Satz, wild interpretiert, mangelte es nicht an Dramatik. Er endet nahezu in einer Explosion, welche durch die erste Geige hervorgerufen wird und man erwartet nun eigentlich Entspannung. Aber Mendelssohn ist ganz und gar nicht danach, er steigt in die Dramatik zurück und kommt erst im Trio des zweiten Satzes zu etwas Atem. Das Gefühl wird hier auch sehr realistisch dem Zuhörer vermittelt, welchem schonmal der Atem stehen bleibt. Wie der erste, wird auch der zweite Satz wiederum in einem Wildsau-Tempo* dargeboten und lässt das Publikum vor Spannung erstarren. Der langsame Satz bleibt sehr fließend, verliert aber dadurch nicht seine Andacht. Der Finalsatz dreckig* schnell. Jedes andere Streichquartett wäre danach erschöpft. Das Sharon Quartett beispielsweise spielt alle Sätze in seinen Aufnahmen in etwas mehr als dem halben Tempo. Aber es folgt anschließend noch nicht die Pause!
*Diese Aussage ist durchaus als positiv zu werten.
Jörg Widmann, der nicht viel älter ist als die Mitglieder des Roktetts (geb. 1973) und ein vielschaffender Komponist und Klarinettist ist, schreibt ein Quartett, das sehr auf Effekte bedacht ist. Große Teile des Stückes finden sul ponticello statt, gerne auch mal auf dem Teil der Saiten, der unterhalb des Stegs liegt. Der Bogen darf die Saiten, die den Stachel mit dem Saitenhalter verbinden, zum Erklingen bringen oder auch ein knarzendes Geräusch auf der Rückseite des Instruments erzeugen. Das Stück ist ausgedehnt und enthält so viele extrem stille Momente, dass das Publikum nicht weiß, ob das Stück schon zu Ende ist und gegen Schluss gar ungeduldig wird. Das Stück besteht übrigens aus mindestens genauso viel Schrifttext wie Noten, wie wir am Ende vom Bratschisten gezeigt bekamen.
Der Klang der Leipziger ist sehr "offen", fast als schwebend beschreibbar, eine "barockoide" Spielweise mit wenig vibrato und viel leeren Saiten (auffällig vor allem beim Mendelssohn) - unterstützt durch den Hall des Festsaals im Inselhotel.
In der Pause spekulierten wir, ob der Finalsatz von Beethovens drittem Rasumovsky Quartett wohl seinem Namen alle Ehre machen und die schnellste Version, die wir je hörten, sein wird. In der Tat zum Schluss gar zu schnell für meinen Geschmack, das zu leichter Schlampigkeit in der ersten Geige führte. Trotzdem eine erstaunliche Leistung. Man bemerke, dass ein Cellist im Allgemeinen selten so schnell mit den Fingern über die Saiten sprintet und das mit so viel Präzision.
Am Ende "versöhnten" sie sich mit uns und der Musik mit einem Choral (passend zu Widmanns Choralquartett) von J. S. Bach als Zugabe. Alles in allem ein schöner Abschluss, dem ist nichts mehr hinzuzufügen. Außer einem Autogramm in unserer CD-Schachtel.
Sonntag, 27. September 2009
"Bei Brahms bleibt es nicht lange gemütlich!"
Nach einer Odyssee durch die Stadt - bedingt durch eine sportliche Veranstaltung (wer braucht denn sowas?) im Zentrum - langten wir pünktlich um kurz nach elf in der Seefeldstraße 305 an, wurden sogleich auf Zehenspitzen in den Konzertsaal geleitet, der leicht improvisiert wirkt und klar macht, warum das ZKO in voller Besetzung dann doch lieber in der Tonhalle spielt. Aber das tun auch andere Orchester ganz gern. Da dies aber kein neu-job-bedingtes Lamento über die Zustände im Konzil oder die am Boden zerschellenden Gläser während des Espana-Programms der SWP (oder doch die Wilden?) am vergangenen Freitag werden soll, mit etwas mehr Objektivität zurück zum Thema.
Maurice Ravels Streichquartett haben wir an anderer Stelle schon besser gehört, wenn die Musiker so deutlich rausfliegen, dass selbst ich es nicht überhören kann, liegt einiges im Argen. Der Bratschist etwas unsauber, die erste Geige deutlich nervös (der Bogen hat gezittert, wo er nicht sollte) - teilweise klang es nicht nur chaotisch, sondern richtiggehend schief. Man hatte wohl nicht allzu viel geübt.
Wesentlich besser schien ihnen das Brahms'sche Klavierquintett in f-Moll zu liegen, im dritten Satz gewann das Ensemble deutlich an Schwung hinzu, die Cellistin lächelte ab und zu glücklich.
Nach einer Mendelssohn-Zugabe gab es am Ende doch noch Kaffee und besonders leckere Gipfeli für die zu spät Gekommenen, und dies trotz der Tatsache, dass wir es versäumt hatten, uns mit den allgegenwärtigen Desinfektionsmitteln zu behandeln. Kommentar hierzu an der Wand des vegetarischen Tibits-Restaurants: Bei uns haben Schweine nicht einmal in Form von Grippe etwas verloren!
Montag, 14. September 2009
Welcome to the Jungle
In diesem Sommer gab es für uns eine Fülle an Freiluftmusik, ob zuhörender oder aufführender Weise. Auch wenn die hinreichend kultivierte Natur keine offensichtlichen Gefahren mehr birgt, gibt es für den Musiker immer das Risiko der witterungsbedingten Schönheitsfehler - sei es durch direkte Intervention oder einfach mangelnde Konzentration infolge nicht idealer Spielbedingungen. Nicht, daß das immer unvorteilhaft wäre: kleinere Macken unterhalten das Publikum, das bei Klassik ja nicht immer so viel zu lachen hat.
Ein Paradebeispiel war das Konzert zur Kammeroper, wo die Mezzospranistin in einer halsbrecherischen Koloraturorgie die falsche Abzweigung erwischte und abbrechen mußte. Sie bat mit einem charmanten Lächeln Publikum und Mitstreiter um Verzeihung, es wurde ohne viel Federlesen an einer geeigneten Stelle wieder begonnen, und sie erntete zuerst Gelächter und dann einen Riesenapplaus.
In einer von Regengüssen interpunktierten Aufführung, wo der Chor offensichtlich den Wiederbeginn verschlafen hatte, mußte die gleiche Sängerin vergeblich nach ihrer Leibwache rufen, was sie mit einer improvisierten "Wo sind sie denn?"-Kadenz quittierte - das Publikum freute sich.
Als Streichquartett haben wir in diesem Sommer zwei Hochzeiten untermalt - beide auf malerischen Terrassen mit Seeblick. Im Juli brach mir vor dem Inselhotel mitten in Bachs Air die A-Saite, an Weiterspielen war nicht zu denken. Der Saitenwechsel wurde vom Bräutigam begeistert photographiert, als ich danach die Saite unter ordentlichem Gejaule etwas vordehnte, wurde ich gebeten, das für die Kinder nochmal zu wiederholen.
Die zweite Hochzeit fand Anfang September auf der Konzilterrasse statt - bei Windstärke vier. Grundsätzlich hat man für solche Fälle Wäscheklammern oder Magneten im Kasten, was aber nicht viel hilft, wenn es mitten im Mozart-Quartett die Notenständer umweht. Wehe dem, der in einer solchen Situation den Fuß vom Notenständerbein nimmt!
Ein Klassiker war auch das Engagement, Schuberts Ave Maria bei einer Taufersatzhandlung unter einem Baum mit der einfühlsamen Begleitung eines Ghettoblasters zu Gehör zu bringen - an einem lauschigen Dezemberabend; in diesem Fall ließen sich die stolzen Eltern dann doch auf eine Kompromißvorstellung im heimischen Wohnzimmer ein. Wer die balsamische Polarluft offensichtlich nicht goutierte, war der Täufling: der Schubert wurde zu einem nicht ganz so komponierten Duett…
Samstag, 29. August 2009
Ritorna a noi la calma - Serse mit ein bisschen Xerxes und vielen Stühlen im Konstanzer Rathaushof, 22. August 2009

Viele Stühle, auf und vor der Bühne, ein kleiner Bonsai, bei dem man sich nicht wundert, dass ombra mai fu, und ganz wichtig unsere beiden Stühle direkt in der Auftrittschneise von Sängern und Orchester. Im Innenhof des Konstanzer Rathauses fühlt man sich auf Anhieb wohl, eine wunderbare Atmosphäre mit assai ombra für eine gelunge Opernsommernacht - und überraschend viel Ruhe, einzig ein paar Glöckchen und der Güterzug um 22:04 Uhr haben ein wenig vom Bühnengeschehen abgelenkt.
Und da war eine Menge los, auf der Bühne. Vorneweg muss an dieser Stelle gesagt werden, dass ich mich zum ersten Mal in meinem Leben in einer Händeloper nicht gelangweilt habe; das lag nicht nur daran, dass der Maestro Peter Bauer das Stück um eine knappe Stunde erleichtert hatte, sondern auch an der auf - und abtrittreichen Personenregie und am frischen Musizieren von Sängern und Orchester. Für den Großteil des Publikums sicher wichtig waren deutsche Rezitative als Handlungsstrang zwischen italienischer Arienseeligkeit, denen man nur in den seltensten Fällen anmerkte, dass sie artifiziert wurden.
Annette Wolf ließ in der Ausstattung von Jochen Diederichs ein großes Stühlerücken veranstalten, was dem Inhalt der Oper - der mich immer noch an eine typische Daily Soap gemahnt - relativ gut steht - ob es nun immer ganz der dargestellten Theatralik und Plastizität bedurft hätte, nun gut das ist Geschmacksache, mir hat es größtenteils gefallen. Amastris darf den Bonsai des untreuen Xerxes zerfetzen, Atalanta ist ein Vamp mit einer Fick-mich-Palme auf dem Kopf und Romilda ein scheues blondes Rehlein. Rein dramaturgisch war es geschickt Elviro, den Sklaven, und die umtriebige Atalanta als Buffo-Duo dem Seria-Quartett aus Xerxes - Amastris und Arsamene - Romilda gegenüberzustellen. Warum Ariodate am Ende seine eigene Tochter angraben muss, verstehe ich nicht, aber vielleicht habe ich das ja auch nur wieder mal in den falschen Hals gekriegt.
Das Sängerensemble wirkte in toto sehr harmonisch - besonders heraus stach die Romilda von Sirkka Lampimäki. Eine glockenreine Stimme, die seit dem Konzert des IOS Zürich im Jahr 2002 deutlich an Contour gewonnen hat, abzuwarten bleibt, ob die Stimme den Angriffen des Ensembleterrors der Helsinki Opera gewachsen ist. Beste Voraussetzungen hätte sie: Saubere Technik, minimale Registerschwierigkeiten. Dazu kommt, dass die blonde Finnin sich wunderbar in das Regiekonzept einfügte.
Das gilt auch für Camilla de Falleiro als Atalanta; sie pogt und fetzt über die Bühne wie ein Tier und ist der Clown der Aufführung - der Gesang hatte darunter freilich nicht zu leiden, zumal man ihr anmerkte, dass sie der barocken Stimmkultur eher verbunden ist. Auch hier eine sehr reine Stimme, die durchaus noch im Wachsen begriffen ist; was man ihr vorwerfen kann sind bisweilen kleine Intonationshänger in raschen Koloraturketten, aber das ist ab einem bestimmten Tempo nicht verwunderlich und schadet dem Hörvergnügen kaum.
Stephanie Firnkes Amastris wirkt anfangs etwas blässlich, gewinnt im Laufe des Abends aber stark an stimmlicher Sicherheit und Farbe. Klang vieles zunächst etwas bemüht, fand sie zu einer Geläufigkeit, die ich ihr nach den Eindrücken der Bamberger Sommeroper (hat sie da im Abschlusskonzert nicht die Carmen gegeben?) nicht zugetraut hätte, ihr sozusagen ein ganz anderes Gesicht verlieh.
Eberhard Bendel gab eine soliden Ariodate mit einer Neigung zum hupenden Untersteuern, das bisweilen etwas an die Katamarane 400m entfernt erinnerte, für größere Rollen fehlt es der Stimme wohl etwas an Kern; erschwerend muss ich aber zugestehen, dass die Partie undankbar im Zwischenregister liegt. Alejandro Larraga Schleske singt den Elviro mit sehr viel Jugendlichkeit und Singfreude, bisweilen merkt man der Einbettung der Stimme ihre noch mangelnde technische Fürsorge an, die Stimme ist noch nicht sonderlich dicht, aber bei einem 24-Jährigen kann man das auch schlecht erwarten; in den lustigen Nibelungen in Zürich (IOS) hat er mir als Giselher fast ebenso gut gefallen wie als blumenspendender Diener Arsamenes.
Die beiden Antipoden der Oper waren traditionell besetzt: Arsamene mit dem Counter Florian Mayr, der die in meinen Augen mangelnde Eignung des männlichen Stimmorganes für ein Höhentuning ohne vorherige Änderungen im Kehlkopfbereich vorführte. So sehr Arsamene sich bei Annette Wolf als kastrates Weichei aufspielen darf - muss er auch so klingen? Die Attacke in der höheren Lage wird da schnell zu einem kurzen Kreischen, das nicht nur an eine haltende U-Bahn erinnert, sondern die Tonhöhe auch mehr nach dem Schrohtflintenprinzip auslotet. Wenn man der Stimme Mayrs Zeit lässt, kann er seine Gestaltungsfähigkeit ausspielen und es macht durchaus Freude, ihm zuzuhören. Die Stimme ist nicht groß und auch nicht voll, sondern hat mehr eine staubige Helligkeit, die aber beeindruckendes Gestaltungspotential bietet.
Einen denkbar schlechten Start erwischte leider Kathrin Koch als Xerxes, das schattige "O" geriet ihr im Schlager der Oper als erste Ariennote einen kappen Halbton zu tief, leider hatte sie ihn so weit in der Stütze, das eine Korrektur nicht mehr möglich war. Ob dies nun an der nicht optimalen Vernehmbarkeit des Orchesters auf der Bühne lag oder nicht - Xerxes schien lange Zeit etwas geschockt und blieb blässlich; im Laufe des Abends begann er/sie aber sich freizulaufen und fand sich anfangs mit Mühe, dann mit spielerischer Leichtigkeit an seinem Platz unter dem Bonsai ein; auch wenn Kochs Stimme wenige strahlende Härte hat, sondern sehr viel Menschlichkeit, gelang ein furioses "Crude furie", das einen zum Ende der Oper noch einmal richtig aus dem Sitz hob.
Der Chor war barock ausgedünnt und klang - auf den Seitenplätzen - etwas dürr, aber für die kleine Bühne und die kugelige Akkustik im Rathaushof war das auch ausreichend.
Am Pult des kleinen Orchesters tat Peter Bauer gewohnt tempoaffin, schwungvoll und routiniert seinen Dienst. Barocke Fröhlichkeit mit heftigen Hab-Acht-Momenten gab der Partitur das zurück, was so viele Barockdirigenten ihr durch schauckeliges, ausdrucksloses Geschrubbe rauben: Opernhaftigkeit. Das Orchester rollte sich mit beachtlicher Präzision durch die händelschen Tonschlangen und vermochte es unter den Händen des Maestros, dem nicht immer abwechslungsreichen Musikgeschehen eine Leichtigkeit abzuringen, die einen mit vielen entsetzlich langen und langweiligen Händel-Abenden in den Opernhäusern dieser Welt aussöhnte.
Bleibt zum Schluss den Maestro und sein ganzes Ensemble zu einem wirklich schönen Abend zu beglückwünschen, den man so gerne in Erinnerung behalten wird. Was brauchen wir Salzburg, wenn wir Konstanz haben?